Sozialhilfe und Mindestsicherung
2010 wurde zwischen dem Bund und den Ländern eine Vereinbarung nach Art 15a des Bundes-Verfassungsgesetzes (B-VG) abgeschlossen, um eine stärkere Harmonisierung der Sozialhilfesysteme der Länder zu erreichen. Mit dieser Vereinbarung wurden bundesweit einheitliche Standards in wichtigen Kernbereichen der Sozialhilfe festgelegt, die von den Ländern bei der Ausarbeitung ihrer Mindestsicherungsgesetze auch weitgehend berücksichtigt wurden (z.B. Leistungsuntergrenzen, Standards bei der Vermögensverwertung, Regress etc).
Seit dem Auslaufen dieser Vereinbarung Ende 2016 konnten die Mindestsicherungsgesetze der Bundesländer ohne Berücksichtigung dieses gemeinsamen Rahmens gestaltet werden.
2019 wurde ein Grundsatzgesetz des Bundes gem. Art 12 B-VG (Sozialhilfe-Grundsatzgesetz) geschaffen, begleitend dazu wurde ein Sozialhilfe-Statistikgesetz eingeführt und das Integrationsgesetz an die Änderungen des Sozialhilfe-Grundsatzgesetzes angepasst.
Das Wesen eines Grundsatzgesetzes liegt darin, dass es landesgesetzlich näher auszuführen ist und auch durch die Bundesländer zu vollziehen ist. Neben einem verbindlichen Rahmen, den die Bundesländer bei der Umsetzung dieses Grundsatzgesetzes einhalten müssen, kennt das Grundsatzgesetz auch eine Reihe so genannter Kann-Bestimmungen, die den Bundesländern zahlreiche Spielräume bei der Ausgestaltung ihrer neuen Gesetze eröffnen.
Das Sozialhilfe-Grundsatzgesetz, das mit 1. Juni 2019 in Kraft getreten ist, sieht vor, dass die Bundesländer innerhalb von sieben Monaten entsprechende Ausführungsgesetze zu erlassen haben. Eine flächendeckende Umsetzung des Sozialhilfe-Grundsatzgesetzes in den Bundesländern ist bislang jedoch noch nicht erfolgt.
Mit Stand 1. Jänner 2024 sind Ausführungsgesetze in sechs Bundesländern (Niederösterreich, Oberösterreich, Salzburg, Steiermark, Kärnten, Vorarlberg) in Kraft. Wien hat das Sozialhilfe-Grundsatzgesetz in Teilbereichen umgesetzt (z.B. Behindertenzuschlag, Vermögensregelung, härtere Sanktionen).
Bis zum Inkrafttreten der jeweiligen Ausführungsgesetze gelten noch die aktuellen Mindestsicherungsgesetze der einzelnen Bundesländer (noch keine Umsetzung in Tirol und im Burgenland).
Der Verfassungsgerichtshof (VfGH) hat bereits mit Erkenntnis G164/2019 ua (G164/2019-25, G171/2019-24) vom 12. Dezember 2019 Teile des Sozialhilfe-Grundsatzgesetzes sowie eine Bestimmung des Sozialhilfe-Statistikgesetzes als verfassungswidrig aufgehoben. Die Regelungen betreffend die Höchstsätze für Kinder sowie die Verknüpfung der Sozialhilfe mit Sprachkenntnissen waren verfassungswidrig.
Am 10. Juni 2022 ist eine Novelle zum Sozialhilfe-Grundsatzgesetz in Kraft getreten (BGBl. I Nr. 78/2022):
Darin wurde den Bundesländern mehr Spielraum für ihre Gesetze eingeräumt. Diese betreffen Erleichterungen bei der Einkommensberücksichtigung, eine Härtefallklausel für nichtösterreichische Staatsbürgerinnen und Staatsbürger und Änderungen beim Begriff einer Haushaltsgemeinschaft.
Der Verfassungsgerichtshof (VfGH) hat mit Erkenntnis G 270-275/2022-15, V 223-228/2022-15 vom 15. März 2023 die Bestimmung zum Sachleistungszwang im SH-GG wegen Unsachlichkeit als verfassungswidrig aufgehoben.
In Zukunft können auch die höheren Wohnleistungen in den Bundesländern zur Gänze als Geldleistung ausgezahlt werden (keine zwingende Auszahlung mehr an die Vermieter und Vermieterinnen). Das hindert die Länder jedoch nicht, eine Sachleistung zu gewähren, wenn sie dies im Einzelfall als zweckmäßig erachten.
Zuständige Stelle
Die Einbringung eines Antrags auf Sozialhilfe bzw. Mindestsicherung ist jedenfalls bei der zuständigen Bezirksverwaltungsbehörde des Wohnsitzes möglich.
Zuständige Stelle ist:
- Das Gemeindeamt oder die Bezirkshauptmannschaft
- In Statutarstädten: der Magistrat
- In Wien: das Sozialzentrum bzw. Sozialreferat der MA 40