Konsumentenpolitik
Konsumentenpolitik ist im heutigen globalen Markt wichtiger denn je. Die Gesellschaft muss gerade auf besonders schutzwürdige Verbraucherinnen und Verbraucher achten und dafür sorgen, dass diese am Markt und damit am sozialen Leben teilhaben können.
Legistische Zuständigkeit
Die Sektion Konsumentenpolitik im Sozialministerium ist in folgenden Bereichen legistisch zuständig:
- allgemeine Produktsicherheit
- grenzüberschreitende Behördenkooperation
- alternative Streitbeilegung
- Verbraucherzahlungskontogesetz, das unter anderem ein gesetzliches Recht auf ein Basiskonto mit grundlegenden Funktionen vorsieht.
Zudem erstatten wir für zahlreiche andere Bereiche, wie z.B. allgemeines Konsumentenrecht, Lauterkeitsrecht, Telekommunikation, Energie, Passagierrechte, Finanzdienstleistungen etc., gegenüber anderen Ministerien Gesetzesvorschläge. Wir verhandeln rechtspolitische Neuerungen sowohl in Österreich als auch in der Europäischen Union. So tragen wir zur Stärkung der rechtlichen Position der Konsumentinnen und Konsumenten bei.
Künstliche Intelligenz
Künstliche Intelligenz ist eines der derzeit aktuellen Themen. Künstliche Intelligenz ist schon seit längerem für verschiedenste Lebensbereiche relevant. Man denke nur an virtuelle Assistent:innen, die Konsument:innen bei Entscheidungen des täglichen Lebens unterstützen, an Kreditwürdigkeitsprüfungen, an personalisierte Preisbildung, an Fahrassistenzsysteme in Kfz oder auch an Chatbots, die automatisierte Antworten auf häufig gestellte Fragen geben.
In den letzten Jahren wurde der Ruf nach ethischer Verantwortung und rechtlicher Sicherheit immer stärker. Am 21.4.2021 hat die Europäische Kommission schließlich einen horizontalen Vorschlag für ein Gesetz über Künstliche Intelligenz vorgelegt, der seither in der Ratsarbeitsgruppe in Brüssel zwischen allen EU Mitgliedstaaten verhandelt wird.
Der Vorschlag folgt einem risikobasierten Ansatz. Einige Praktiken wie beispielsweise Social Scoring sind verboten. Für hochriskante Künstliche-Intelligenz-Systeme gibt es spezifische Vorgaben und Verpflichtungen für Inverkehrbringer und Verwender. Für einzelne Systeme wie zB für Chatbots sieht der Vorschlag lediglich eine Kennzeichnungspflicht vor, damit jede Person weiß, dass ihr Gegenüber kein Mensch, sondern eine Maschine ist.
Aus Verbrauchersicht stellen sich viele Fragen. Die Sektion Konsumentenpolitik und Verbrauchergesundheit hat daher Univ.-Prof. Dr. Christiane Wendehorst von der rechtswissenschaftlichen Universität Wien mit einem Rechtsgutachten zur Einschätzung des Vorschlages der Europäischen Kommission aus verbraucherpolitischer Sicht beauftragt. Teil I über die verbotenen und hochriskanten KI-Systemen wurde in einem Webinar (in deutscher Sprache) am 21.10.2021 präsentiert (hier zum Nachhören).
Nun liegt die gesamte Studie vor, die Analysen zu verbraucherrelevanten Rechtsakten im Verhältnis zum Gesetzesvorschlag über künstliche Intelligenz sowie konkrete Textvorschläge enthält. Neben einer Erweiterung der verbotenen KI-Systeme und des Annex III (Liste der hochriskanten KI-Systeme) werden individuelle Rechte auf Prüfpflicht automatisierter Entscheidungen, auf Erklärung der Logik und Funktionsweise des KI-Systems, Haftungsregelungen und weitere Anforderungen an sehr große Anbieter, deren Produkte systemrelevante Risken hervorrufen können, vorgeschlagen.
Ergänzend hat die Bundesarbeitskammer das Institut für Technikfolgenabschätzung von der Akademie der Wissenschaften beauftragt, die Frage der Transparenz und Erklärbarkeit von derartigen Systemen für die betroffenen Verbraucher:innen zu untersuchen.
Im Webinar am 15.3.2022 haben die beiden Studienautor:innen Christiane Wendehorst und Walter Peissl ihre Ergebnisse (in englischer Sprache) vorgestellt - hier finden Sie eine Aufzeichnung des Webinars.
Das gesamte Rechtsgutachten von Univ.-Prof. Christiane Wendehorst können Sie hier (PDF, 9 MB) nachlesen.
Die EU Verordnung über künstliche Intelligenz wurde vom Europäischen Parlament und von den Mitgliedstaaten einstimmig beschlossen und am 13.6.2024 im Amtsblatt der EU veröffentlicht. Sie finden die Verordnung im Volltext hier.
Zur Information der Öffentlichkeit und begleitenden Durchführung der EU Verordnung wurde gesetzlich eine KI-Servicestelle eingerichtet. Dort finden Sie zusammengefasst die Eckpunkte der Verordnung, den Zeitplan des Inkrafttretens und viele weitere Hinweise zu Aktivitäten, Projekten und Publikationen.
Konsumentenportal
Für umfangreiche Informationen zu Konsumentenpolitik und Konsumentenschutz besuchen Sie bitte unser Konsumentenportal.
Das Konsumentenportal richtet sich an alle interessierten Konsumentinnen und Konsumenten. Es gibt unter Anderem Auskunft über Ihre Rechte und Pflichten bei Verbrauchergeschäften und beim Umgang mit Geld. Außerdem stellen wir eine Vielzahl an Unterrichtsmaterialien (z.B. Haushaltsplanung, Werbung, Internet, Handy und Smartphone, u.v.m.) für Lehrkräfte bereit.
Rechtsdurchsetzung
Unsere Rechte wirken nur dann, wenn wir sie in der Praxis auch durchsetzen können. Der Verein für Konsumenteninformation, der dafür vom Sozialministerium die nötigen Ressourcen erhält, sowie die Bundesarbeitskammer stellen dies durch Verbandsklagen, Musterprozesse und Sammelaktionen bzw. Sammelklagen sicher. Eine Übersicht über gerichtliche Urteile und Sammelaktionen bzw. Sammelklagen finden Sie auf www.verbraucherrecht.at.
Verbraucherbildung
Verbraucherbildung ist die dritte wichtige Säule der Konsumentenpolitik. Verbraucherinnen und Verbraucher müssen sich ausreichend ihrer Rolle am Markt bewusst sein und wissen, wo Gefahren bestehen und wo sie sich frühzeitig Rat holen können. Dann befinden sie sich mit Unternehmen eher auf gleicher Augenhöhe und tappen weniger leicht in Fallen unseriöser Anbieter.
Konsumentenpolitisches Forum
Der für Konsumentenschutz zuständige Bundesminister oder die zuständige Bundesministerin beruft einmal im Jahr das Konsumentenpolitische Forum ein. Dieses formuliert aktuelle konsumentenpolitische Anliegen und diskutiert Wege zu ihrer Durchsetzung.
Teilnehmer am konsumentenpolitischen Forum sind Einrichtungen wie der Verein für Konsumenteninformation, die konsumentenpolitischen Abteilungen der Arbeiterkammern, die Regulatoren in den Bereichen der liberalisierten öffentlichen Dienstleistungen (Energie, Telekommunikation etc.), die Finanzmarktaufsicht und die Agentur für Ernährungssicherheit, die Bundeswettbewerbsbehörde, die Schuldenberatungsstellen, die Patientenanwaltschaften, die ARGE Daten, Autofahrerclubs, und sonstige Organisationen wie die Mietervereinigung und der Verein Internet Ombudsmann, sowie Vertreter aus der Wissenschaft.
Konsumentenpolitik im Gespräch 2019
Die letzte wissenschaftliche Fachtagung am 17. Mai 2019 fand unter dem Titel „Hindernisse bei der kollektiven Verbraucherrechtsdurchsetzung – Wie kann europäisches Recht gegensteuern?" statt. Sie stand ganz im Zeichen der kollektiven Verbraucherrechtsdurchsetzung in einer arbeitsteiligen, globalisierten Wirtschaftswelt.
Ein inhaltlicher Schwerpunkt lag auf den anhängigen „Sammelklagen" des Vereins für Konsumenteninformation gegen die VW AG („Diesel-Gate“). Ein weiterer Schwerpunkt betraf die aktuellen europäischen Vorschläge einer Modernisierungs- sowie einer Verbandsklagenrichtlinie, dem sogenannten „New Deal for Consumers."
Zahlreiche Vertreterinnen und Vertreter aus Wirtschaft, Verbraucherpolitik, Anwaltschaft und Wissenschaft sowie sonstiger interessierte Kreise konnten somit brandaktuelle konsumentenrechtliche und konsumentenpolitische Themen diskutieren. Besonders angesehene nationale und internationale Expertinnen und Experten hielten Vorträge oder nahmen an Podiumsdiskussionen teil.
- Astrid Stadler, Die internationale Zuständigkeit österreichischer Gerichte für Klagen gegen VW im Abgasskandal
- Hans Schulte-Nölke, Europäischer Deliktsgerichtsstand bei reinen Vermögensschäden – Wie klar muss ein acte clair sein?
- Daphne Aichberger-Beig, Lauterkeitsrechtliche Schadenersatzansprüche von Verbraucherinnen und Verbrauchern
- Susanne Augenhofer, (K)Einer für alle – Gedanken zur deutschen Musterfeststellungsklage, zur Sammelklage österreichischer Prägung und zur Verbandsklage 2.0