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Europäische und Internationale Sozialpolitik

Die Aktivitäten des Sozialministeriums im Bereich Sozialpolitik auf europäischer und internationaler Ebene

Das Sozialministerium ist nicht nur in Österreich aktiv, sondern ist auch in internationalen Organisationen und auf EU-Ebene vertreten.
Dazu gehören

  • die Europäische Union, insbesondere der Rat der Europäischen Union,
  • der Europarat,
  • die Vereinten Nationen (UNO),
  • die Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD)
  • die Internationale Arbeitsorganisation (IAO)

In diesen Organisationen und deren Gremien geht es vor allem um die sozialpolitische Zusammenarbeit und um die Mitarbeit an Dokumenten und Beschlüssen. Daneben gibt es auch separate sozialpolitische Regelungen mit einzelnen Ländern („bilaterale Angelegenheiten“).

Sozialpolitik der EU

Alle Mitgliedstaaten der EU haben sehr unterschiedliche und historisch gewachsene Sozialsysteme. Die Hauptverantwortung für die Sozialpolitik liegt deshalb nach wie vor bei den Mitgliedstaaten selbst. Wichtige Aufgaben der EU sind die EU-Gesetzgebung (Richtlinien und Verordnungen) und die Rechtsprechung (Europäischer Gerichtshof). Der Rat für Beschäftigung, Sozialpolitik, Gesundheit und Verbraucherschutz (EPSCO) ist einer der zehn Fachräte auf EU- Ebene. Er verfolgt das Ziel, den Lebensstandard und die Lebensqualität der Bürgerinnen und Bürger zu verbessern, insbesondere durch hochwertige Arbeitsplätze und einen hohen Sozial-, Gesundheits- und Verbraucherschutz. Dem EPSCO-Rat gehören die für diese Politikbereiche zuständigen Ministerinnen und Minister aller EU-Mitgliedstaaten an.

Europäische Säule sozialer Rechte

Die Europäische Säule sozialer Rechte (ESSR) wurde vom Europäischen Parlament, dem Rat und der Europäischen Kommission in Form einer interinstitutionellen Erklärung im November 2017 proklamiert. Sie bildet mit ihren 20 Grundsätzen aus den Bereichen Beschäftigungs- und Sozialpolitik einen Grundpfeiler der sozialen Dimension Europas. Sie basiert auf 20 Rechten und Prinzipien, die in drei Kapitel (Chancengleichheit und Arbeitsmarktzugang, faire Arbeitsbedingungen, Sozialschutz und soziale Inklusion) gegliedert sind. Die ESSR soll als Leitfaden für künftige Maßnahmen im Beschäftigungs- und Sozialbereich dienen. Ziel ist es, Europa für die Bürger:innen sichtbarer zu machen, Armut zu reduzieren, Arbeitsplätze zu schaffen und die Lebensbedingungen der Menschen insgesamt zu verbessern. Auch und gerade zur Bewältigung der wirtschaftlichen und sozialen Folgen der Pandemie, dient die ESSR als Kompass für Aktivitäten und Initiativen auf europäischer und nationaler Ebene.

Die Europäische Kommission legte im März 2021 einen Aktionsplan vor, in dem aufgezeigt wird, mit welchen konkreten Maßnahmen die ESSR umgesetzt werden soll. Der Aktionsplan beinhaltet auch drei Kernziele, die die EU bis 2030 erreichen soll:

  • Mindestens 78% der 20-64-Jährigen sollen einer Beschäftigung nachgehen
  • Mindestens 60% aller Erwachsenen sollen jährlich an einer Weiterbildungsmaßnahme teilnehmen
  • Die Anzahl der von Armut oder sozialer Ausgrenzung bedrohten Menschen sollte um mindestens 15 Millionen verringert werden (darunter mindestens 5 Millionen Kinder)

Im Mai 2021 bekräftigten die EU-Staats- und Regierungschefs beim Sozialgipfel in Porto ihr Engagement für die Verwirklichung der festgelegten Kernziele für 2030 und unterzeichneten die Erklärung von Porto. Informationen zur Umsetzung der Europäischen Säule sozialer Rechte auf EU-Ebene können auf der Website der Europäischen Kommission abgerufen werden.

Im Rahmen des Europäischen Semesters werden die Prioritäten der Säule berücksichtigt und die Umsetzung der ESSR unterstützt. Beim Europäischen Semester handelt es sich um einen jährlich wiederkehrenden Abstimmungsprozess der Wirtschafts-, Fiskal-, Beschäftigungs- und Sozialpolitik auf Europäischer Ebene.

Zielsetzungen Österreichs liegen über den EU-Vorgaben

Aufbauend auf den EU-weiten Kernzielen legen die Mitgliedsstaaten eigene nationale Ziele als Beitrag zur Umsetzung fest. Die Zielsetzungen Österreichs übertreffen im Bereich Beschäftigungsquote und Erwachsenenbildung die EU-Ziele und die der aggregierten nationalen Verpflichtungen der EU-Mitgliedstaaten. So sehen die österreichischen Verpflichtungen eine Beschäftigungsquote von 79,9 Prozent und 62 Prozent Teilnahme an Erwachsenenbildung bis 2030 vor. Die Zahl der von Armut oder sozialer Ausgrenzung bedrohter Menschen soll in Österreich bis 2030 um 204.000 Personen reduziert werden.

Die Europäische Kommission gibt an, die Umsetzung der nationalen Verpflichtungen im Zuge des Zyklus 2023 des Europäischen Semesters genau überwachen zu wollen.

Offene Methode der Koordinierung (OMK)

Die OMK ist ein freiwilliges Verfahren der europapolitischen Abstimmung und verstärkten Kooperation in Bereichen, in denen die EU laut Verträgen über keine oder nur beschränkte Kompetenz verfügt. Die OMK wird in verschiedenen Bereichen angewendet, hauptsächlich aber in der europäischen Beschäftigungs- und Sozialpolitik („Sozialschutz und soziale Eingliederung“, „Alterssicherung“, „Gesundheit und Langzeitpflege“). Wesentliches Element der Zusammenarbeit sind der gegenseitige Austausch von Erfahrungen und bewährten Verfahren („best practices“) und das gegenseitige Lernen

Ausschuss für Sozialschutz (Social Protection Committee)

Maßgebliches Gremium der Zusammenarbeit im Rahmen der Offenen Methode der Koordinierung, eines Instruments, um nationale politische Maßnahmen auf gemeinsame Ziele auf EU-Ebene auszurichten, ist der Ausschuss für Sozialschutz (Social Protection Comittee, SPC). Er ist ein beratendes Gremium für die im Rat Beschäftigung, Sozialpolitik, Gesundheit und Verbraucherschutz (EPSCO) zusammenkommenden Minister:innen aus den 27 EU-Mitgliedstaaten. Seine Arbeitsbereiche umfassen die Handlungsfelder Sozialschutz und soziale Eingliederung, Alterssicherung (Renten und Pensionen), Gesundheitswesen und Langzeitpflege.

Kernaufgabe des Ausschusses ist es, die soziale Lage bzw. die Entwicklungen in der Sozialpolitik in den Mitgliedstaaten zu überwachen. Dies wird im Rahmen seines Jahresberichts dokumentiert.

Eine Zusammenfassung und die Kernbotschaften des Jahresberichts 2024 sind nun erstmalig auch in deutscher Sprache abrufbar. Den gesamten Jahresbericht 2024 finden Sie hier.

Dem Bericht zufolge ging EU-weit die Zahl der von Armut oder sozialer Ausgrenzung bedrohter Menschen 2023 zwar leicht zurück, die einzelnen Mitgliedstaaten liefern dabei jedoch ein sehr gemischtes Bild ab. Die Zahl der von Armut oder sozialer Ausgrenzung bedrohten Kinder sei insgesamt angestiegen. Um das EU-weite Armutsziel bis 2030 zu erreichen, müssten daher in der zweiten Hälfte dieses Jahrzehnts deutliche Fortschritte erzielt werden.

Besonderes Augenmerk solle daher u. a. auf das Armutsrisiko bei Personen in Haushalten mit geringer Erwerbsintensität, auf eine vielerorts steigende Quote der Überbelastung bei Wohnkosten sowie auf die Bekämpfung von Kinderarmut gelegt werden. Zudem habe sich die Einkommensungleichheit in einem Drittel der Mitgliedstaaten verschärft.

Zur Verbesserung der Gesamtsituation empfiehlt der Bericht u. a. eine Verteilungsfolgenabschätzung für Maßnahmen und Reformen, die weitere Stärkung sozialer Sicherungssysteme, die Adressierung der Kinderarmut durch gezielte Bereitstellung von Sachleistungen und die Sicherstellung angemessenen Wohnraums.

Der Jahresbericht fußt u. a. auf Ergebnissen der EU-weit alljährlich durchgeführten Erhebung zu den Einkommens- und Lebensbedingungen (EU-SILC). Entsprechende Informationen bzw. Auswertungen zur sozialen Lage speziell in Österreich finden Sie in der Rubrik „Allgemeine Sozialpolitik".

Darüber hinaus ist dem Ausschuss für Sozialschutz die Untergruppe „Indikatoren“ (Indicators’ Sub-Group, SPC-ISG) zugeordnet. Sie widmet sich der Erarbeitung und Weiterentwicklung sozialstatistischer Indikatoren und analytischer Rahmenbedingungen auf EU-Ebene. Diese dienen der laufenden Überwachung der im Rahmen der Offenen Methode der Koordinierung vereinbarten Handlungsfelder bzw. Ziele. Eine besondere Rolle kommt der Untergruppe insbesondere in der Weiterentwicklung von EU-SILC zu.

Ein Bericht über die aktuellen Tätigkeiten und Ergebnisse der Untergruppe sowie zum Arbeitsprogramm 2024 sind ebenso online abrufbar wie ihr aktuelles Sozialindikatoren-Portfolio sowie ihre Leitprinzipien zur Auswahl von Indikatoren und Statistiken.

Bilaterale Angelegenheiten

Alle bilateralen Aktivitäten dienen dem Informationsaustausch mit Ländern weltweit. Sie reichen von der Organisation bi- und multilateraler Expertinnen- und Expertenseminare, Ministerinnen- und Ministerbesuchen über bilaterale Abkommen und Vereinbarungen bis hin zu bilateralen Arbeitsgruppen. Mit unterschiedlichen Ländern wurden bilaterale Absichtserklärungen über die Zusammenarbeit im Zuständigkeitsbereich des Ressorts vereinbart (u.a. Ukraine, Moldau, etc). Inhaltliche Schwerpunkte der Zusammenarbeit sind Fragen der Armutsbekämpfung, der Politik für und mit Seniorinnen und Senioren, Aktives Altern, Pflegevorsorge, Politik für Menschen mit Behinderungen, soziale Dienste, Gesundheit, etc.

Insgesamt drei Sozialattachés des BMSGPK sind in den Ländern Bosnien-Herzegowina, Montenegro und Serbien (Dreifachzuteilung), Albanien und Nordmazedonien (Doppelzuteilung) sowie in der Republik Moldau und in der Ukraine (Doppelzuteilung) tätig, um bilaterale Kooperation weiter zu stärken zur Annäherung an europäische Sozial- und Gesundheitsstandards – und damit verbunden – zum Beitritt in die EU bestmöglich zu unterstützen.

Vereinte Nationen – Internationale Sozialpolitik

Die Vereinten Nationen spielen eine bedeutende Rolle bei der Schaffung und Durchsetzung internationaler Sozialpolitik. Die Organisation zählt 193 Mitgliedstaaten. Das Hauptquartier befindet sich in New York City.

Mit Sozialpolitik befasst sich vor allem der Wirtschafts- und Sozialrat (ECOSOC) sowie der Ausschuss für soziale Entwicklung (CSocD). Im September 2015 wurden die nachhaltigen Entwicklungsziele (Sustainable Development Goals, SDGs) in New York verabschiedet. Sie umfassen drei Dimensionen: Wirtschaft, Umwelt und Soziales. Mit Hilfe dieser Ziele soll es 2030 weltweit keine Armut mehr geben und nachhaltige Entwicklung gefördert werden.

Die SGDs im Überblick

  1. Bekämpfung von Armut
  2. Bekämpfung von Hunger, Förderung von Nahrungssicherheit und gesunder Ernährung
  3. Gesundheit und Bevölkerungsentwicklung
  4. Bildung und lebenslanges Lernen
  5. Geschlechtergleichstellung und Stärkung von Frauen
  6. Wassermanagement und sanitäre Anlagen
  7. Zugang zu Energie
  8. Wirtschaftliches Wachstum, produktive und menschenwürdige Arbeit
  9. Infrastruktur, Industrialisierung und Innovation
  10. Beseitigung von Ungleichheit in und zwischen den Ländern
  11. Nachhaltige Städte und inklusives, sicheres Wohnen
  12. Nachhaltiger Konsum und nachhaltige Produktion
  13. Bekämpfung des Klimawandels
  14. Schutz sowie nachhaltige Nutzung der Meere und Gewässer
  15. Schutz und Wiederherstellung der Ökosysteme und Biodiversität
  16. Förderung von friedlichen Gesellschaften, Zugang zu Justiz und inklusiven Institutionen
  17. Mittel zur Umsetzung der Ziele und einer globalen Partnerschaft

SDGs-Umsetzung in Österreich

Die Umsetzung der globalen Nachhaltigkeitsziele (Sustainable Development Goals, SDGs) bis 2030 erfolgt durch alle Bundesministerien in ihrem eigenen Zuständigkeitsbereich (PDF, 2 MB). Im Sommer 2024 präsentierte Österreich den "Zweiten Freiwilligen Nationalen Bericht zur Umsetzung der Agenda 2030 und der Nachhaltigen Entwicklungsziele/SDGs in und durch Österreich (FNU)" bei den Vereinten Nationen in New York. Mehr Informationen zur Vorstellung des Berichts auf nationaler und internationaler Ebene sind hier zu finden. Außerdem können Sie zahlreiche Erfolgsgeschichten und Flagship-Initiativen zur SDG-Umsetzung in Österreich hier nachlesen. Von Seiten des BMSGPK wurden der Ausbau der frühen Hilfen, das Community Nursing und der Wohnschirm als Erfolgsgeschichten für den FNU eingemeldet.

Letzte Aktualisierung: 2. Dezember 2024